Gute Bonität, schlechte Bonität: Welche Branchen sind in der Krise gut aufgestellt?

Die deutschen Wirtschaftszweige sind sehr unterschiedlich auf die Corona-Krise vorbereitet - dies zeigt eine Analyse von Creditsafe Deutschland. Die weltweit meistgenutzte Auskunftei hat dazu die Bonität der rund drei Millionen deutschen Unternehmen ausgewertet. Die Auswertung ergab: Schlecht aufgestellt sind zahlreiche Branchen, die durch die Reglementierungen in der Krise einen besonders schweren Stand haben, wie beispielsweise die Gastronomie und Hotellerie. Als ein maßgeblicher Faktor zur Bewertung der wirtschaftlichen Stabilität gilt die Bonität, also Kreditwürdigkeit eines Unternehmens. Sie kann als Merkmal herangezogen werden, ob Firmen schon vor der Krise gut aufgestellt waren und somit womöglich besser durch die angespannte Lage navigieren können.

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Gastronomie mit besonders großem Anteil niedrig bewerteter Unternehmen

Im Gesamtdurchschnitt weisen etwa 9,80 Prozent und somit fast jedes zehnte Unternehmen in Deutschland eine schlechte Bonität auf. Innerhalb der verschiedenen Industrien gibt es jedoch große Unterschiede. Die Gastronomie ist die Branche mit dem größten Anteil an Unternehmen mit einer niedrigen Bonität. 19,5 Prozent und somit fast jedes fünfte aller Unternehmen weisen in dieser Industrie einen schlechten Wert auf. Besonders gut sieht es dagegen bei Interessenvertretungen sowie kirchlichen und sonstigen religiösen Vereinigungen (ausgenommen Sozialwesen und Sport) aus: Gerade einmal 0,17 Prozent der Firmen werden hier mit einer niedrigen Bonität bewertet. Ein Trend zeigt sich dabei im Unternehmensalter: Statistisch weisen Betriebe, die fünf Jahre oder älter sind, eine bessere Bonität auf als jüngere Unternehmen. Dies lässt sich in den meisten Branchen beobachten. Start-ups und andere Neugründungen haben somit in der Krisenzeit einen besonders schweren Stand.

 

Bei der Gesamtzahl aller Betriebe aus den jeweiligen Branchen ergibt sich ein unterschiedliches Bild. Mehr als 28.000 Firmen aus dem Bereich "Verwaltung und Führung von Unternehmen und Betrieben und Unternehmensberatung" - so viele wie in sonst keiner Industrie. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in Deutschland vergleichsweise viele Betriebe in dieser Branche gemeldet sind. Der Anteil der niedrig bewerteten Firmen liegt mit 8,61 Prozent dagegen im Durchschnitt. Aus der öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung kommen mit gerade einmal 76 die wenigsten Unternehmen mit schlechter Bonität. Dies entspricht einem Anteil von 3,47 Prozent - auch im prozentualen Vergleich steht diese Branche somit gut da.

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Scoring-Modell gibt Aufschluss über die Insolvenz-Wahrscheinlichkeit

Der Auswertung von Creditsafe liegt ein statistisches Scoring-Modell zugrunde, bei dem die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens auf einer Skala von 1 (extrem hohes Risikoprofil) bis 100 (ausgezeichnetes Risikoprofil) abgebildet wird. Die jeweiligen Scores geben Aufschluss über die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen im Laufe der nächsten zwölf Monate Insolvenz anmelden muss. Ein hohes Risiko besteht laut der Klassifizierung von Creditsafe bei einem Score von 34 oder weniger sowie einer Ausfallwahrscheinlichkeit von mehr als 3 Prozent. Die statistische Ausfallwahrscheinlichkeit orientiert sich dabei an Normalbedingungen. In der derzeitigen Situation, in der Teile der Wirtschaft heruntergefahren wurden, sind höhere Insolvenzzahlen zu erwarten. Dieser Effekt lässt sich jedoch - auch bedingt durch staatliche Eingriffe und unterschiedliche Auswirkungen auf einzelne Branchen - noch nicht objektiv und durch Daten fundiert vorhersagen.

Allgemein fließen bei der Berechnung der Bonitäts-Scores verschiedenste Faktoren wie die Beschaffenheit der Firmenstruktur, Finanzdaten aus der Vergangenheit, Daten über den jeweiligen Wirtschaftszweig, Informationen über die Geschäftsführung und Gesellschafterstruktur sowie wirtschaftliche Trends ein. Auch das verfügbare Working Capital ist Teil dieser Analyse - gerade in den aktuellen Zeiten ein wichtiger Einflussfaktor für die Bewertung, denn die Liquidität der Firmen ist wichtiger denn je, um die Krise zu überstehen.