Neues Lieferkettengesetz in Deutschland - Ein Überblick für Unternehmen

Im Januar 2023 tritt das neue Lieferkettengesetz in Deutschland in Kraft. Konzerne sind demnach dazu verpflichtet, die Einhaltung von Menschenrechten entlang ihrer Lieferketten zu überwachen. Doch was bedeutet das für die Unternehmen?

24/10/2022

Die Businessschuhe an Ihren Füßen, der Kaffee auf Ihrem Schreibtisch und das Smartphone in Ihrer Hand - die täglichen Produkte unseres Lebens werden heutzutage überwiegend im Ausland produziert. Allerdings ist die Produktion entlang der Lieferkette bis nach Deutschland oftmals anfällig für Menschenrechtsverletzungen.

Ein Gesetz der Bundesregierung will das künftig verhindern. Anfang 2023 tritt das neue Lieferkettengesetz oder auch Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft und regelt den Umgang von Unternehmen mit ihren Zulieferern.

Doch was bedeutet das für Ihr Geschäft und das Supply-Chain-Management? Lesen Sie hier, was Sie zum neuen Gesetz wissen müssen. 

Chapter 1

Was steht im deutschen Lieferkettengesetz?

Am 22. Juli 2021 verabschiedete der Bundestag das “Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten”.

Mit erlesenen Sorgfaltspflichten, werden Betriebe künftig dazu verpflichtet, die Menschenrechte entlang ihrer Lieferketten zu wahren. So sollen sie u. a. sicherstellen, dass ihre Zulieferer sichere Arbeitsbedingungen bereitstellen, angemessene Entlohnung bieten und die körperliche Unversehrtheit ihrer Beschäftigten garantieren. Menschenrechtsverstöße wie Folter, Kinder- oder Zwangsarbeit sollen dadurch vereitelt werden.

Das Lieferkettengesetz gilt dabei für alle Betriebe mit Haupt- oder Verwaltungssitz in Deutschland. Hauptpunkt des Gesetzes ist die Verankerung eines Risikomanagements mit Fokus auf Menschenrechte. Hierzu sollten Unternehmen u. a. regelmäßige Risikoanalysen durchführen, ihre direkten sowie indirekten Zulieferer prüfen und präventiv Maßnahmen implementieren.

Das neue Lieferkettengesetz in Deutschland
Chapter 1

Wann tritt das Lieferkettengesetz in Kraft und welche Unternehmen fallen darunter?

Das Gesetz betrifft Betriebe mit Hauptsitz oder Standort in Deutschland. Es wird in zwei Stufen für folgende Unternehmen eingeführt:

1.)   Ab dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit 3.000 Beschäftigten

2.)   Ab dem 1. Januar 2024 für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten

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Kleine und mittelständische Unternehmen werden im Gesetz nicht explizit erwähnt. Allerdings könnten die KMUs indirekt betroffen sein, wenn sie innerhalb einer Lieferkette geprüft werden. 

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Welche Maßnahmen müssen Unternehmen jetzt ergreifen?

1.) Risikomanagement verankern und betriebsinterne Zuständigkeit benennen

Das Risiko- und Compliance-Management erhält mit dem Gesetz einen höheren Stellenwert und soll aktiv im Supply-Chain-Management verankert werden. Das Lieferkettengesetz sieht dabei vor, dass Unternehmen einen betriebsinternen Beauftragten benennen, der sich der Einhaltung der Sorgfaltspflichten und der damit verbundenen Aufgaben widmet.

Betriebe könnten bspw. Menschenrechtsbeauftragte oder Compliance Manager anstellen.

2.) Risikoanalyse durchführen

Jedes Unternehmen ist dazu verpflichtet, eigenverantwortlich regelmäßige Risikoanalysen zu erstellen, die Risiken von Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstößen in der eigenen Lieferkette zu evaluieren.

Als Maßnahme werden zum einen jährliche Risikoanalysen gefordert, welche alle Risiken im eigenen Geschäftsbereich und den direkten Lieferanten bewerten.

Zum anderen sollten Unternehmen anlassbezogene Risikoanalysen anlässlich wesentlicher Veränderungen von Risikopotenzialen durchführen.

 

3.) Abgabe einer Grundsatzerklärung

Die Unternehmensleitung ist dazu verpflichtet, eine öffentliche Grundsatzerklärung zu formulieren. Diese soll vor allem die konkrete Risikolage des Unternehmens adressieren und die daraus abgeleiteten Präventivmaßnahmen benennen.

4.) Präventionsmaßnahmen verankern

Sofern Risiken identifiziert werden, gilt es präventive Maßnahmen zu ergreifen, um Verstöße zu verhindern.

Beispielsweise könnten Unternehmen Menschenrechtsklauseln in ihren vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Geschäftspartnern einführen, Schulungen durchführen und Kontrollinstanzen implementieren.

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5.) Einrichten eines Beschwerdeverfahrens

Infolge des Lieferkettengesetzes werden Unternehmen aufgefordert, Beschwerdeverfahren zu integrieren. Das soll u. a. direkt betroffenen Personen die Möglichkeit geben, Risiken und Verstöße zu melden.

6.) Dokumentation und Berichterstattung

Weiterhin sind Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Maßnahmen zur Wahrnehmung der Sorgfaltspflicht in einem Bericht zu dokumentieren. Hierzu soll dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ein jährlicher Bericht vorgelegt werden.

Der Bericht sollte die Ergebnisse aus den vorangegangenen Risikoanalysen beinhalten und aufführen, welche Maßnahmen vom Unternehmen bereits ergriffen wurden.

 

Wichtig: Der Bericht muss spätestens vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres bei dem BAFA eingereicht werden.

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Mit welchen Strafen müssen Unternehmen rechnen?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) fungiert künftig als Kontrollinstanz für die Einhaltung des Lieferkettengesetzes.

Vernachlässigen Unternehmen ihre Sorgfaltspflichten, drohen ihnen Bußgelder von bis zu 8 Millionen Euro. Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 400 Mio. Euro müssen sogar mit Strafzahlungen von bis zu 2 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes rechnen. 

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Das müssen Sie jetzt wissen:

Welche Lieferanten fallen unter das Lieferkettengesetz?

Das Lieferkettengesetz umfasst sowohl direkte als auch indirekte Zulieferer.

Das Gesetz sieht eine regelmäßige Prüfpflicht bei unmittelbaren (direkten) Zulieferern vor. Das soll in Form einer jährlichen Risikoanalyse des Unternehmens passieren. Weiterhin sind anlassbezogene Risikoanalysen durchzuführen, sofern sich wesentliche Umstände verändern oder neue Einflussfaktoren hinzukommen.

Für mittelbare (indirekte) Zulieferer sind lediglich anlassbezogene Risikoanalysen durchzuführen.

Welche Menschenrechtsverstöße umfasst das Lieferkettengesetz?

Das Lieferkettengesetz bezieht sich auf internationale Übereinkommen, welche die Menschenrechte definieren. Folgende lieferkettentypische Verstöße sind durch die Sorgfaltspflichten zu vereiteln:

-        Kinderarbeit

-        Folter

-        Leibeigenschaft und Zwangsarbeit

-        Diskriminierung jeglicher Art

-        widerrechtlicher Landentzug

-        Gesundheitsrisiken aufgrund von schlechten Arbeitsbedingungen

-        unangemessene Entlohnung

-        das Verbot einer Gewerkschaftsgründung bzw. Arbeitnehmervertretung

-        Verunreinigung von Böden und Gewässern

Was bedeutet das Lieferkettengesetz für Unternehmen und ihr Supply-Chain-Management?

Grundsätzlich möchte das Gesetz härter gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstöße vorgehen. Unternehmen sollten hiernach ihr Supply-Chain-Management um ein ausgebautes Risikomanagement erweitern.

Ganz konkret sind sie somit in der Pflicht, ihren Geschäftsbereich sowie unmittelbare Zulieferer auf die Einhaltung der Standards zu überprüfen. Eine Prüfung bis zum Ende der Lieferkette ist nicht vorgesehen und erst notwendig, wenn die Risikoanalyse ein erhöhtes Risiko auf Menschenrechtsverstöße feststellt. Sobald Risiken entlang der Lieferkette identifiziert werden, sollten präventive Maßnahmen erfolgen.

Warum wird das Lieferkettengesetz kritisiert?

Das Lieferkettengesetz stieß auf vielen Seiten auf scharfe Kritik. Zum einen bemängeln Menschenrechtsorganisationen die geringe Greifweite. So fokussiert sich das Gesetz überwiegend auf den eigenen Geschäftsbereich und die unmittelbaren Zulieferer. Jedoch geschehen Menschenrechtsverletzungen vor allem im Bereich der erweiterten Lieferkette.

Daneben kritisieren Umweltverbände die mangelnde Berücksichtigung von Umweltschutz. Laut dem LkSG werden Umweltverstöße von Unternehmen erst geahndet, wenn sie die Menschenrechte tangieren. Schüttet ein Unternehmen bspw. Chemikalien ins Grundwasser, würde das Lieferkettengesetz erst greifen, sobald die Giftstoffe das gesundheitliche Wohlbefinden der Menschen in der betroffenen Region gefährden.

Auch die Wirtschaft begegnet dem Gesetz mit großem Unmut. Durch das Gesetz würden Unternehmen u. a. mit zusätzlichen Kosten und bürokratischen Mehraufwand belastet. Einige Stimmen aus der Wirtschaft fürchten dadurch einen Wettbewerbsnachteil für deutsche Unternehmen, den es auf dem internationalen Markt auszugleichen gilt.